Pressestimmen zu:
Frauenleben im Biedermeier

Heilbronner Stimme
vom 4.12.1998
über Lesung in Weinsberg
Staatsanzeiger
vom 26.4.1999
Studentenkurier
Ausgabe 1/2000
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Heilbronner Stimme vom 4.12.1998
über Lesung in Weinsberg

Karin de la Roi-Frey hat das Leben starker Frauen recherchiert - Vortrag in Weinsberg - Historische Lebenswege aufgezeigt

Wichtige Frauen im Leben namhafter Männer

Nicht nur namhafte Männer besuchten den Dichter und Arzt Justinus Kerner in seinem gastfreundlichen Haus in Weinsberg. Im Gästebuch fanden sich auch Besucherinnen. Karin de la Roi-Frey folgte anhand historischer Quellen den Lebenswegen von fünf bemerkenswerten Frauen, die mit dem Kernerhaus in Verbindung standen.

Initiiert vom Kerner- und Frauenverein las sie in den Räumen der Stadtbücherei aus ihrem Buch "Frauenleben im Biedermeier" vor. "Die Gäste, die im Kernerhaus im 19. Jahrhundert anzutreffen waren, holten sich Inspiration, suchten die Begegnung", leitete die Autorin ein. Das alles ginge nicht ohne den guten Geist seiner Frau Friederike, die für die Unterkunft, das leibliche Wohl sorgte. Nicht selten mußte die Suppe verdünnt, die Kinder ohne Essen ins Bett geschickt werden, so die Überlieferung.
Eine Haushaltsmanagerin sollte auch Sophie Schwab gewesen sein. Denn was das Kernerhaus in Weinsberg war, war das Haus des Redakteurs beim Cotta-Verlag Gustav Schwab in Stuttgart.
Aus noch vorhandenen Briefwechseln formte die Autorin ein interessantes Bild der Lebensverhältnisse und der damaligen Haushaltstätigkeiten im 19. Jahrhundert.
Bei ihren Recherchen mußte die ausgebildete Lehrerin "lange und tief" graben, um Puzzleteil für Puzzleteil zusammenfügen zu können. "Ein besonderer Augenblick ist, wenn ich ein Schriftstück oder Büchlein in den Händen hielt, das die zu beschreibende Persönlichkeit vor längere Zeit selbst besessen hatte", berichtete die Autorin.
Besonders tief graben mußte sie bei Karoline Schiller, der Tochter des Dichters Friedrich Schiller. Durch den Tod des Vaters mit sechs Jahren, versiegten auch die Informationen über Karoline. Nach langwieriger Suche konnte Karin de la Roi-Frey ein Portrait eines der "selbstbestimmtesten Frauen ihrer Zeit" zeigen.
Über Frauen hatte man damals wenig berichtet. So wurde auch der Lebensweg von Charlotte Gmelin lediglich über den berühmten Nikolaus Lenau bekannt. Die sich anbahnende, aber unglückliche Romanze zwischen den beiden bewegte damals Gemüter. Nebenbei hörten die Dutzend Teilnehmer, welchen gesellschaftlichen Normen und welcher Bevormundung im Biedermeier junge Frauen ausgesetzt waren.
Wie die umjubelte Operndiva Agnes Schebest ihr Leben nach der gescheiterten Ehe mit David Friedrich Strauß meisterte, wie die allein reisende Emma von Sukow und einzige "Dichterfreundin Kerners" sich den Zwängen der Frauen im 19. Jahrhundert widersetzte, erfuhren ebenfalls die Zuhörer.
Die Lesung war einfühlsam, erfrischend direkt und humorvoll. Die Lebensgeschichten dieser Frauen imponierten der Autorin so sehr, dass sie jetzt bereits an weiteren Frauenportraits recherchiere, verriet sie. (mam)

© Heilbronner Stimme

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Staatsanzeiger vom 26.4.1999

Leben im Biedermeier
Berühmte Besucherinnen bei Justinus Kerner in Weinsberg

Karin de la Roi-Frey: Frauenleben im Biedermeier - Berühmte Besucherinnen bei Justinus Kerner in Weinsberg. Leinfelden-Echterdingen 1998. DRW-Verlag, 144 Seiten, 18 Abbildungen, 24,00 Mark.

Eine Art ländlicher Salon, beliebter Intellektuellen-Treffpunkt und Ort für Kranke und Ratsuchende - das alles vereinte das gastfreundliche Haus des Dichters und Arztes Justinus Kerner und seiner Frau Friederike in Weinsberg. Eine Art bildgewordene Gästeliste (siehe Abbildung) gibt eine zeitgenössische Darstellung ab, die das gastgebende Ehepaar Kerner im Kreise seiner illustren Bekanntschaften zeigt. Die hier versammelte männliche Prominenz gab sich zeitweise im Kernerhaus die Klinke in die Hand und hier den Ton an. Posierend in der ersten Reihe umrahmen sie Justinus Kerner im Garten seines Hauses, Devot und pflichtbewusst tritt dagegen die einzige Frau im Bilde auf: Hausherrin Friederike, ein Tablett mit Geschirr herbeitragend. Sie scheint offenbar keinen geistig anspruchsvollen Part in diesen Diskutiergesellschaften übernommen zu haben - meint zumindest der Illustrator.
     Karin de la Roi-Frey machte sich ans Werk, solche biedermeierliche Sichtweisen zurechtzurücken, die zum Teil noch bis heute in der Geschichtsschreibung umhergeistern - zum Schaden der Frauen. Die Autorin legt hier ein kleines Büchlein voller Wortwitz und Informationen zum "Frauenleben im Biedermeier" vor.
     De la Roi-Frey hat diverse Stadt- und Staatsarchive auf der Suche nach den Lebensspuren der weiblichen Gäste im Hause Kerner durchkämmt und ist dabei auf eine Reihe interessanter Frauenbiographien gestoßen. Sie skizziert fünf Porträts gewöhnlich-außergewöhnlicher Frauen und verbindet ihre Lebensgeschichte mit unterhaltsamen und aufschlussreichen Details zur Sozialgeschichte der Frau im 19. Jahrhundert.
     Sophie Schwab, das "köstlich Weib" des Dichters und Kulturpolitikers Gustav Schwab, tritt uns als selbstbewusste und energische Frau entgegen, die durchaus ihr eigenes Leben lebte. Besonders mit Kerners Frau Friederike verbunden, nutzte sie so manche Reise nach Weinsberg, um sich von ihrem anstrengenden Job als Hausfrau zu erholen. Einem Gelehrtenhaushalt vom Format des Kerner'schen und Schwab'schen Hauses vorzustehen, war keine Kleinigkeit. Bis zu 20 Personen auf einmal galt es zu bewirten.
     Dass Sophie Schwab nebenher auch noch schriftstellerisch tätig war, vermutet Karin de la Roi-Frey, die Ihren Schriftwechsel mit Justinus Kerner sichtete. Aber keine einzige literarische Zeile von ihr ist überliefert. Wundern muss man sich darüber aber nicht, lebte Sophie Schwab ja nun einmal in einer Zeit, die die geistig-literarische Betätigung von Frauen mit höchstem Argwohn betrachtete. Anstandswächter Freiherr von Knigge versteigt sich sogar zu der Ansicht, "dass nichts widerwärtiger und unbrauchbarer sei als ein gelehrtes unpraktisches Frauenzimmer". Er beschreibt ein Schreckensszenario, das jeden besorgten Gatten dazu veranlassen musste, seine Frau von Büchern fernzuhalten: "Es geht Alles Verkehrt im Hause; die Speisen kommen kalt oder angebrannt auf den Tisch; es werden Schulden auf Schulden gehäuft; der arme Mann muss mit durchlöcherten Strümpfen einherwandeln."
     Das Bild der Frau im 19. Jahrhundert transportiert immer wieder die gleichen Attribute. Nähkästchen, Strickstrumpf und Toilettenspiegel feiern ihr dekoratives Mauerblümchendasein. Betätigt sich die Frau auf musischem Gebiet, so sieht der Betrachter sie bei musikalischen Einlagen am Klavier. Mal spielend, mal singend ist sie stets nur Interpretin, in den wenigsten Fallen eigenständige Künstlerin.
     Eine Ausnahmeerscheinung war Agnes Schebest. Trotz der allzu besorgten Meinung männlicher Theoretiker, das Singen schwieriger Partituren könne bei Frauen gesundheitliche Schäden hervorrufen, verhilft Schebests berühmter Mezzosopran ihr zu nachhaltigen Erfolgen. Engagements führen sie von Dresden ausgehend an die wichtigsten Bühnen Europas. Ihre Künstlerkarriere nimmt aber ein jähes Ende, als der Theologe und Schriftsteller David Friedrich Strauß in ihr Leben tritt. Mit der Heirat gibt Agnes Schebest ihren Beruf auf und fristet ein beschränktes Dasein als Begleiterin eines verbitterten Mannes.
     Nicht weit vom Weinsberger Domizil Kerners lassen sich die beiden nieder. Die Kerners werden zu Zeugen eines noch heute klassischen Ehekonflikts, der sich bald nach der Hochzeit anbahnt. Der sich sonst so freigeistig gebende Strauß entpuppt sich in der Frauenfrage als unbeweglicher Reaktionär. "Ich sehe hier, wie die weibliche Natur, wenn sie unverdorben sich treu geblieben, durch alle Abweg anderweitigen Berufs hindurch die Bestimmung zum Hausmütterlichen in sich trägt." Agnes Schebest scheint von ihrer Ehe nicht die gleiche Meinung gehabt zu haben. Nach immerhin erst 20 Jahren geht das Paar unter bösem Gezänk auseinander.
     Karin de la Roi-Frey ist es gelungen, die Gratwanderung der Frauen im Biedermeier zwischen den Verlockungen eines Patriarchenhaushaltes und einem selbstbestimmten Leben zu illustrieren. Das Zeitalter der Emanzipation war noch lange nicht angebrochen, und so entfalten sich weibliche Freiheiten in bislang nur engen Nischen. Frauenforschung im Bereich des 19. Jahrhunderts ist Puzzlearbeit. Um so erfreulicher, wenn darin ein "Bild" dabei herauskommt, das so unterhaltsam geschrieben ist wie dieses Buch im Handtaschenformat.

Kerstin Renz

© Staatsanzeiger

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Studentenkurier 1/2000

Frauenleben im Vormärz

"Wir Frauen sind mit gar zu vielen Fädlein angebunden ..." De la Roi-Frey: Frauenleben im Biedermeier; DRW-Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 1998, ISBN 3-87181-397-4, 144 S., 18 SW-Abbildungen, 24,00 DM.

"Biedermeier" und "Biedermeierzeit" klingen heute behäbig und spießbürgerlich; allerdings zeigen sich doch Risse in der glatten Oberfläche solcher Klischees, wenn man sich klar macht, daß dieselbe Epoche auch als "Vormärz" bezeichnet wird, was politische und gesellschaftliche Spannungen erahnen läßt. In dieser widersprüchlichen Atmosphäre leben die von de la Roi-Frey porträtierten Frauen Sophie Schwab, Karoline Schiller, Agnes Schebest, Emma von Suckow und Charlotte von Gmelin. Gemeinsam ist ihnen außer der Herkunft aus einem am ehesten als bildungsbürgerlich zu charakterisierenden Milieu lediglich der Kontakt zum schwäbischen Dichterkreis um Justinus Kerner, der in Weinsberg lebte und ein offenes Haus für Intellektuelle und Literaten führte. Die Besuche im "Kernerhaus" macht die Autorin zum Ausgangspunkt und Rahmen ihrer fast beiläufig plaudernden Erzählung über das Leben der fünf Frauen. Alle wachsen sie mit den Privilegien von materieller Unabhängigkeit und in musisch-literarisch interessierten Familien auf, erhalten dabei allerdings keinen systematischen Unterricht, wie er auch kaum für Mädchen zugänglich gewesen wäre.

Innerhalb gewisser (heute sehr eng anmutender) Grenzen gestalten und dokumentieren sie ihren Lebensweg selbst neben der Belastung durch Haushaltsführung für Ehemänner und Kinder. Drei von ihnen sind zumindest zeitweise beruflich tätig - Schebest als Sängerin, von Sukow als Schriftstellerin und Schiller als Erzieherin und Lehrerin. Schwab und Gmelin scheinen sich ganz auf die Rolle der Muse und Mitarbeiterin ihres Mannes beschränkt und eigene Studien oder Arbeiten aufgegeben zu haben. So banal sich das jedoch heute lesen mag - in einer Zeit, in der ein Schreibtisch als ein für Frauen unschickliches Möbel galt, muß es nicht nur echter Begabung und Intelligenz, sondern auch beträchtlicher innerer Unabhängigkeit und Durchsetzungsfähigkeit bedurft haben, um sich gegen tonangebende Ideale zu behaupten.

Leider verliert sich de la Roi-Frey gelegentlich in ausführliche Abschweifungen (meist zu männlichen Personen) im Umfeld; so dominiert im Kapitel über Karoline Schiller stellenweise der berühmte Vater und verdrängt sie selbst.

Insgesamt jedoch zeichnet das Buch nicht zuletzt durch die liebevolle Gestaltung mit den dem Text harmonisch eingefügten Abbildungen ein lebendiges Bild des sozialen und intellektuellen Klimas, in dem sich die Beschriebenen bewegten. Es regt an, sich weiter mit der "eigenen Geschichte" nur zu schnell vergessener Frauen zu beschäftigen.

Ursula Schwemmle

© Studentenkurier

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(c) 2000-2002 Ingenieurbüro Dipl.-Ing. Wolfgang Kuhn

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