Unveröffentlichte Kapitel zu:
Mörike von A bis Z

Gewitter
(unveröffentlicht)

Vor Wolkenbrüchen, Platzregen und "elektrischen Wirbeln" fürchtete Eduard Mörike sich ebensowenig wie vor Donnergrollen und gewaltigen Blitzen, die "wie Rosenschauer... Schlag auf Schlag" kamen. Das Gewitter und seine Begleiterscheinungen, nach einem Lexikon des letzten Jahrhunderts "im Allgemeinen eine sehr wohlthätige Naturerscheinung", die aber auch "viele Verheerungen" anrichten kann, hat er als ein wohltuendes, befreiendes "Nervenbad" empfunden. Mörikes ganz besondere Empfänglichkeit für das Toben und Tosen der Natur und dessen stimulierende, belebende Wirkung auf ihn, beschreibt er selbst in einem Brief an Luise Rau (1806-1891): "Ein prächtiger Akkord des schnell entwickelten Gewitters gab meinen Träumereien plötzlich eine kräftigere und freudigere Gestalt: es war, als zerrisse ein Flor in meinem Innern; ich fühlte mich frei und erhoben". Einer dieser Augenblicke muß es gewesen sein, der ihn zu den folgenden Zeilen des Gedicht "Im Freien" inspirierte:

"Wühlt durch die Locken mir,
Ihr Winde!
Verbirg dein Antlitz, freundlicher Himmel,
Mit dieser Wolken beruhigendem Grau!
Laß dichter deine großen Tropfen fallen
Auf diese Gräser, diese Bäume, diesen
schwellenden Fluß!
Ach! Dumpfer, schöner Donner,
Wie erquickest du mich!
Laß dichter deine großen Tropfen fallen!
Rolle donnernder durch die Wölbung!
Daß es mich aufregt
Aus dem unerquicklichen
Matten Tod!
Nur daß ich fühl: ich lebe!

Wenn andere Menschen die Fenster schlossen, dann riß Mörike sie auf, begeisterte sich an dem Naturschauspiel und fühlte sich augenblicklich wohler. Vom "Verdruß der Langeweile" schreibt er seinem Freund Johannes Mährlen im Juni 1832 und davon, daß er "hätte heulen können wie ein Mädchen". Dann aber geschah es, Mörike sah "ein Gewitter von der Teckseite herziehen, eine Minute drauf rollte der Donner, und alle meine Lebensgeister fingen an, heimlich vergnüglich aufzulauschen" und schon ballten "sich mir beide Fäuste vor Entzücken.

[Breyersches Landhaus] [Gewitter] [Doktoren ...]

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Presse Presse
 

(c) 2005 Dipl.-Ing. Birgit Berger